Fred Haller hat sich ganz der niederbayerischen Historie verschrieben. In seinen Romanen entführt er seine Leserschaft in die Zeit des 19. Jahrhunderts. Warum, was ihn am Schreiben fasziniert und was für ihn ein gutes Buch ist, erzählt er auf seiner Heimatautoren-Seite…

Fred Haller – Die Saumatz
„Die Saumatz“ nennt Fred Haller seinen historischen Roman nach dem Leben von Franziska Erlmayer aus dem niederbayerischen Simbach bei Landau. Der Autor führt seine Leserschaft zurück ins 19. Jahrhundert, einer Zeit, in der das Leben in der Region ausschließlich bäuerlich-religiös geprägt war.
Saumatz. Ein Begriff, mit dem vielleicht nicht jede:r mehr etwas anfangen kann. Ein bayerisches Schimpfwort ausschließlich für Frauen. das „Sau“ als Verstärker der „Matz“, einer verruchten Frau, eindeutig abwertend, gerade im sexuellen Sinne – eine, die sich ganz und gar nicht keusch benimmt, die ihre Lust auslebt, ja, eine, die überhaupt Lust empfindet…
Saumatz. Warum soll Fanni eine sein? Als junges Dirndl vom Stiefvater missbraucht und geschlagen, später vom berühmt-berüchtigten Räuber Franz Matzeder geschwängert, ungeliebt, ungewollt, unfreiwillig, unfrei. Eine Saumatz, echt wahr? In den Augen der „Gesellschaft“ gewiss, bigott, gnadenlos und verständnislos, wie sie sich gerade Frauen gegenüber gezeigt hat, obgleich all das an der Tagesordnung war, was Fanni mitmachen musste.
Fanni gelingt es trotz allem so weit wie möglich, ihren Weg zu gehen, so beschreibt es Fred Haller, der in Kirchenarchiven, Gerichtsakten und Zeitungsberichten recherchiert hat. Was er gefunden hat, reichte nicht aus, eine reine Biografie zu schreiben, weshalb er sein Werk mit ersonnenen Details ergänzt hat.
Fred Hallers Sprache macht Fanni nahbar, nicht nur das Einstreuen bairischer Begriffe schafft das. Die Beschreibung des Alltäglichen, die Dialoge und vor allem immer wieder diese kursiv gedruckten Textpassagen, die direkt in Fannis Kopf schauen lassen: Dann ist es möglich, Fannis Gedanken mitzulesen. Der Wechsel der Erzählperspektive von erster und dritter Person bereichert das Leseerlebnis, lässt noch mehr mitfühlen.
Das Coverbild von Josef Mayer aus Landau an der Isar spoilert ein wenig, denn fest steht, dass es in Niederbayern keinen Hafen mit Segelschiffen gibt. Was für so manche Leute damals als einziger Ausweg aus dem harten Leben schien, das Auswandern in die neue Welt, lockte auch Fanni. Ob sich ihre Wünsche und Sehnsüchte erfüllten, lässt Fred Haller offen. Fannis Blick auf dem Cover schürt jedenfalls Hoffnung, das leichte Lächeln auf den Lippen der „Saumatz“ könnte sagen: „Ich bin nicht unterzukriegen.“